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RENTE oder KAPITALBEZUG

Was ist für Ihre Situation das Beste ? 20. September 2020

Rente oder Kapital das ist hier die Frage.

Spätestens 10 Jahre vor der Pensionierung sollte sich die angehende RentnerIn intensivere Gedanken über die Pensionsvorsorge machen.

Dabei geht es nicht nur um die Vorsorgeleistung allein, sondern auch darüber, wie das zukünftige Leben dann aussehen wird.

Es geht z.B. insbesondere auch darum, wieviel das zukünftige Leben kosten soll/darf/wird siehe auch Sparquote und wie man zum besten Nutzen der Vorsorge investieren kann siehe auch Steuern sparen mit Rentenvorsorge.

Aber in diesem Blogbeitrag soll es um eine andere zentrale Frage gehen: Was ist besser, eine Rente zu beziehen oder der Kapitalbezug ?

Ich möchte versuchen diese Frage zu beantworten, ohne zu tief in die Fragestellungen der Pensionskassen einzugehen. Denn alleine das Thema Pensionskassen könnte Bücher füllen.
Und nur ganz wenige Spezialisten, zu denen ich mich ganz klar nicht zähle, erkennen sämtliche Feinheiten.

Nicht ganz überraschend lautet die Antwort auf die obige Fragestellung, die Sie höchstwahrscheinlich von jedem Vorsorgeberater, jeder Bank und Versicherung und allgemein gleichlautend bekommen: Es kommt darauf an.

Denn in der Tat zeigt sich die Beantwortung dieser Fragestellung als eine äusserst individuelle Angelegenheit.

Schauen wir uns zuerst die beiden prinzipiellen Möglichkeiten zum Rentenbezug etwas genauer an.
Vergleich zwischen der Rente und dem Kapitalbezug
Rente Kapitalbezug
Monatliche, fixe Auszahlung Ein- oder mehrmaliger Bezug
Höhe der Auszahlung abhängig vom vorgängig versicherten Lohn Höhe der möglichen Entnahme abhängig vom Erfolg der Anlagestrategie
Fremdbewirtschaftet Eigenbewirtschaftet
Verwitweter Ehepartner bekommt in der Schweiz nur noch 60% der Pension Keine Kapitalreduktion nach dem Tod
Keine Vererbung Vererbung möglich
Als Einkommen voll versteuerbar Nur Dividenden als Einkommen versteuerbar, Kapitalgewinne sind in der Schweiz noch steuerfrei
Wird nur bedingt an die Teuerung angeglichen Angleichung an die Teuerung durch höhere Durchschnittserträge kann vermutet werden
Zukunft der Rentensicherheit, vor allem der Pensionsvorsorge, ist politisch ungewiss Zukunft der Rentensicherheit von der Anlagestrategie abhängig

Grundsätzlich gehen beide Rentenbezugsarten am selben Startpunkt los. Mit dem Erreichen des Rentenalters, kann die RentenbezügerIn beginnen, von den jahrelang einbezahlten Beiträgen zu profitieren.

Die Höhe der Auszahlungen oder Entnahmen ist somit direkt abhängig vom einbezahlten Vermögen.

Die Rente
Wie hoch kann die Rente maximal ausfallen ?

Die nachfolgende Erörterung ist als eine allgemeine Richtschnur gedacht. Denn jede Rentenkasse hat ihr eigenes Reglement.

Somit ist auch die Höhe der ausbezahlten Rente direkt abhängig von den Regeln, die diesem Reglement unterliegen.

Historisch müsste auch noch zwischen Leistungs- und Beitragsprimat unterschieden werden. Ich gehe hier aber von der Annahme aus, dass kaum mehr NeurentnerInnen von einem Leistungsprimat profitieren können. Sondern, dass alle NeubezügerInnen vom Beitragsprimat ausgehen müssen. Heisst, die Höhe Rente ist direkt vom einbezahlten Betrag und vom Startzeitpunkts des Rentenbezugs abhängig.

Beim Beitragsprimat kann von folgenden Prämissen ausgegangen werden:

  • Je länger einbezahlt wurde, desto höher ist der Rentenbetrag
  • Je später sich jemand pensionieren lässt, desto höher ist der Rentenbetrag.
Wie wird die Höhe Rente berechnet ?

Die tatsächliche Höhe der ausbezahlten Rente wird mittels des Umwandlungssatzes bestimmt.

Dieser Prozentwert gibt an, wieviel von der maximalen Rentensumme jährlich ausbezahlt wird.

Der Umwandlungssatz ist eine hochkomplizierte Angelegenheit. Es muss zwischen dem obligatorischen Teil und dem überobligatorischen Teil unterschieden werden. Zudem sind auch hier die Reglemente der einzelnen Rentenkassen unterschiedlich.
Die einzige, die Ihnen Ihren tatsächlichen Umwandlungssatz berechnen kann, ist Ihre persönliche Pensionskasse.

Es gibt jedoch eine generelle Formel, mit welcher die Wirkung des Umwandlungssatzes nachvollzogen werden kann.

Kalkulatorischer Umwandlungssatz in Prozent = 100% / (Durchschnittliche Lebenserwartung minus das Alter beim Start des Rentenbezugs)

Durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz nach BFS, Stand 2020
Geschlecht Geburtsjahr vor 1999 Geburtsjahr vor 2009 Geburtsjahr nach 2009
Männer 76.8 79.8 81.9
Frauen 82.5 84.4 85.6

Nehmen wir also folgende Fälle an:

  • Eine Frau will sich mit 59 pensionieren lassen. Ein möglicher, maximal kalkulatorischer Umwandlungssatz wäre dann 100% / (82.5 minus 59) = 4.25%
  • Ein Mann will sich mit 65 pensionieren lassen. Ein möglicher, maximal kalkulatorischer Umwandlungssatz wäre dann 100% / (76.8 minus 65) = 8.47%
Geht sich dies für die Pensionskassen auf ?

Theoretisch ja! Für jemanden, der vor dem Erreichen der durchschnittlichen Lebenserwartung stirbt, lebt jemand anderes ein bisschen länger.

Praktisch nein! Denn die Krux der ganzen Berechnung liegt in der Tatsache, dass auch nach dem Ableben der RentenbezügerIn, der verwitwete Teil weiterhin eine Rente beziehen kann. Diese Witwenrente beträgt zwar nur 60% der tatsächlichen Rente der verstorbenen RentenbezügerIn, aber sie ruiniert die grundsätzliche Berechnung von oben.

Der Umwandlungssatz ist somit stets geringer, als er kalkulatorisch sein könnte. Denn die Rentenkasse muss ja auch noch die Witwenrenten bezahlen können.

Es gibt auch noch weitere Faktoren, die auf die Höhe des Umwandlungssatzes drücken:

  • Der Umwandlungssatz sinkt, weil die durchschnittliche Lebenserwartung, zumindest in Westeuropa, weiterhin steigt.
  • Es gibt zudem aktive RentenbezügerInnen, die höhere Renten beziehen, als ihnen kalkulatorisch eigentlich zustehen würden. Vor allem RentenbezügerInnen im Leistungsprimat, FrührentnerInnen mit goldenen Fallschirmen, uvm.. Das heisst, die Pensionskassen müssen Renten ausrichten, die auf der einbezahlten Basis gar nicht erwirtschaftet werden können.

Es geschieht somit eine Umschichtung von den EinzahlerInnen zu den BezügerInnen. Und weil die Rentenkassen ohne Massnahmen früher oder später ausbluten würden, werden die Renten der NeurentnerInnen dementsprechend gekürzt.

Meine persönlichen Umwandlungssätze
Alter der Pensionierung Umwandlungssatz in Prozent
65 5.34
64 5.16
63 4.99
62 4.83
61 4.68
60 4.54
59 4.41
58 4.29
Was muss ich bei der Rente weiter bedenken ?

Die Rente gilt als Einkommen. Sie muss dementsprechend versteuert werden. Weil zudem im Alter viele steuerbare Abzüge wegfallen Berufskosten, Hypothek siehe unten, etc. fallen die Steuern in Relation eher hoch aus. So ist es nicht verwunderlich, dass RentnerInnen eine prozentual hohe Steuerlast erfahren.

Mit dem Eintritt ins Rentenalter sinkt das Einkommen spürbar.
Vom Gesetzgeber angedacht, wäre ein Einkommen aus der 1. und 2. Säule, das ungefähr 65% des Einkommens vor dem Rentenalter entspricht. Die Tendenz zeigt jedoch deutlich, dass dieser Wert nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass die PensionärInnen vorgängig selbst noch Finanzmittel angespart haben.

Dies stellt vor allem ein Problem dar, wenn noch eine Hypothek vorhanden ist.
Sinkt das Einkommen unter die kalkulatorische Tragbarkeitsgrenze der Hypothek, steht ein ernstes Gespräch mit der Bank oder der Versicherung an. Einige NeurentnerInnen kommen dann nicht umhin, ihr angestammtes Heim zu verlassen und das Eigenheim zu veräussern.

Die Rente ist fix.
Diese banale Aussage birgt aber auch die Erkenntnis, dass nicht individuell auf wechselnde Bedürfnisse eingegangen werden kann. Ist zum Rentenbeginn die Lust an Betätigungen z.B. Reisen, neue Hobbies, etc. noch gross und somit auch der Bedarf an Geldmitteln hoch, so sinkt dieser Bedarf kontinuierlich mit dem möglichen Wegfall von Mobilität.
Spätestens mit dem Eintritt in ein Pflege- oder Altersheim, steigt dann der Finanzbedarf wieder dramatisch.

Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Höhe der Rente über den ganzen Rentenbezug über gleichbleiben wird.
Derzeit ist dies zwar noch so. Und nur eine Änderung der Politik könnte dies verändern.
Es gibt jedoch deutliche Willensäusserungen der Politik, dies mittelfristig anpassen zu wollen. Wann dies tatsächlich geschehen wird, ist zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Blogs noch komplett unklar.
Die bereits beschriebenen Umschichtungen innerhalb der 2. Säule bringen aber vor allem die Jungen in Bedrängnis. Der Unwille der Rentnergeneration Kürzungen der laufenden Rente zu akzeptieren, führt somit früher oder später zu einem Generationenkonflikt.
Die risikobewusste NeurentnerIn muss somit bereits heute einrechnen, dass ihre Rente früher oder später zu deren Ungunsten angepasst werden wird.

In die Pensionskasse kann bis fast vor den Rentenbezug zusätzliches Kapital einbezahlt und von der Steuerersparnis profitiert werden. Es gilt aber auch hier das Pensionskassenreglement.

Der für viele NeurentnerInnen wichtigste Punkt ist aber: sie müssen sich um nichts kümmern. Jeden Monat wird die Rente überwiesen.

Der Kapitalbezug

Zum Rentenbeginn kann das gesamte angesparte Kapital als Kapitalbezug aus der Rentenvorsorge entnommen werden.

Wie hoch kann der Kapitalbezug maximal ausfallen ?

Dies ist einfach zu beantworten.
Der maximal mögliche Kapitalbezug entspricht der angesparten Summe in der Pensionskasse. Auch hier gehe ich davon aus, dass es nur noch NeurentnerInnen gibt, die dem Beitragsprimat unterlagen. Die NeurentnerIn hat Anspruch auf das gesamte einbezahlte Vermögen, plus die angefallenen Zinsen.

Auch für den Kapitalbezug gilt das Pensionskassenreglement. Nicht alle Pensionskassen erlauben den vollen Kapitalbezug.

Einige Pensionskassen erlauben den gestaffelten Kapitalbezug. Falls dies erlaubt ist, ist dies unbedingt zu berücksichtigen siehe unten bei Steuern

Wie wird die Höhe der möglichen Entnahmen berechnet ?

So klar die Höhe des Kapitalbezugs maximal ist, so unklar berechnet sich die Höhe der möglichen, wiederkehrenden Kapitalentnahme.

Ich werde mich diesem Thema in einem dedizierten Blog widmen. Die Theorie dahinter ist gewaltig und teils widersprüchlich.

Der Vereinfachung halber nehme ich in diesem Blog in der Folge aber den Wert, der gemeinhin rumgereicht wird: 4% vom angesparten Kapital.

Mit einer Entnahmerate von 4% sollte davon ausgegangen werden können, dass sich das Kapital nicht vollständig aufbraucht.

4% hört sich nicht sonderlich spektakulär an. Denn mit einer Entnahmerate von 4%, sollte ein Kapital genau 25 Jahre ausreichen, bis es vollständig aufgezehrt ist.
Dies aber ohne die Berücksichtigung jeglicher Teuerung oder jeglichem sonstigen Kaufkraftverlust.

Die Ungewissheit, wieviel tatsächlich entnommen werden kann, ohne dass das Kapital frühzeitig aufgebraucht ist, ist somit auch gleich der Hauptgrund, warum sich viele NeurentnerInnen gegen den Kapitalbezug entscheiden.

Die Rente gibt hier eine falsche? Sicherheit.

Die Kapitalentnahme kann individuell angepasst werden. So kann in den Jahren, in denen die Mobilität noch vorhanden ist, eine höhere Entnahme vorgesehen werden. Wohingegen für die späteren Lebensjahre, dann allenfalls eine tiefere Entnahme eingeplant werden kann.

Was muss ich beim Kapitalbezug weiter bedenken ?

Die Entnahme des Kapitals ist einmalig steuerpflichtig.
Die Höhe der Steuer ist je nach Wohnort unterschiedlich. Die Unterschiede sind so gross, dass sich ernsthaft überlegt werden kann, einen temporären Wohnortwechsel in Betracht zu ziehen.
Die Steuerlast unterliegt zudem in den meisten Fällen der Steuerprogression. Ein Kapitalbezug in mehreren Schritten kann die Steuerlast deshalb zusätzlich mindern. Eine solche Entnahme in Schritten kann z.B. optimal kombiniert werden mit einer Teilpensionierung siehe unten.
Das Internet liefert Details über die zu erwartende Steuerlast an Ihrem Wohnort.
Für eine erste, sehr grobe Berechnung der Steuerlast kann angenommen werden, dass die Steuer bei etwa 10% des bezogenen Kapitals zu liegen kommt.

Ist das Kapital dann bezogen, fallen Vermögenssteuern an. Kapitalerträge durch Dividenden, müssen als Einkommen, zumindest teilweise, versteuert werden. Reine Kapitalerträge sind jedoch nicht steuerpflichtig.

Soll das Vermögen im Interesse der RentnerIn arbeiten, dann muss es bewirtschaftet werden. Soll dies einigermassen erfolgreich geschehen, braucht es zumindest eine Anlagestrategie, die der Risikobereitschaft und den Entnahmewünschen der NeurentnerIn entspricht.
Es kann zwar ein Vermögensverwalter/Bank/Versicherung zwischengeschaltet werden, dieser arbeitet aber nicht gratis. Und die Kosten für eine solche Verwaltung dürfen nicht ausser Acht gelassen werden, denn sie mindern die maximal mögliche Entnahme doch deutlich.
Auch zu diesem Punkt werde ich mich in einem speziellen Blog äussern.

Wird ein Kapitalbezug angestrebt, dann müssen auch zwingend die Sperrfristen für Einzahlungen in die Pensionskasse berücksichtigt werden. Diese Sperrfrist ist steuertechnisch tagegenau 3 Jahre. Das heisst, es könnten zwar innerhalb der Sperrfrist Einzahlungen in die Pensionskasse getätigt werden, diese unterliegen aber nicht der Steuerersparnis, sind somit nur bedingt sinnvoll.

Die Mischform zwischen Pension und Kapital

Ich war lange Zeit ein puritanischer Verfechter des Kapitalbezugs.

Durch x-fache Simulationen basierend auf unserer ureigenen persönlichen Finanzsituation und dem Pensionskassenreglement des Arbeitgebers, habe ich jedoch herausgefunden, dass für unsere Familie, eine Mischform zwischen einer Rente und einem Kapitalbezug das finanzielle Optimum darstellen könnte.

Derzeit verfolgen wir folgende Planspiele:
  • Schritt 1
    • Teilpensionierung Mann mit 58 und Reduktion auf 60% Arbeitsleistung
    • Bezug einer Teilpension
  • Schritt 2
    • Vollpensionierung Mann mit 60
    • Bezug des restlichen Kapitals
  • Schritt 3
    • Vollpensionierung Frau mit 58
    • Bezug des Kapitals

Diese Lösung ist primär folgenden Faktoren geschuldet:

Unser Sohn ist mit meinem Eintritt in die Teilpension noch minderjährig. Vielleicht möchte er ja später noch studieren gehen. Und es ist uns ein zentrales Anliegen, ihn dann allfällig unterstützen zu können.

Die Pensionskasse, an der ich angeschlossen bin, erlaubt eine Teilpensionierung. Mit der Aufteilung des Pensionseintritts breche ich (zumindest teilweise) die Steuerprogression.

Die Rente der Teilpension vermindert zwar den späteren Kapitalbezug, erlaubt es uns aber, einige der laufenden Kosten, auch wegen der Minderjährigkeit des Sohnes, zu kompensieren.

Fazit

Beim Kapitalbezug stehen sich die meisten NeurentnerInnen selber auf den Füssen.

Es überwiegt die Angst vor der Eigenverantwortung zur Bewirtschaftung des eigenen Vermögens.

Lassen Sie mich Sie doch in einem nächsten Blog überzeugen, dass auch Sie in der Lage sind, Ihre Finanzanlagen selber zu bewirtschaften